Dissertationen

Urbanes Sitzen. Eine Ethnographische Erkundung materieller Grundlagen und alltäglicher Praktiken der Sozial- und Raumproduktion

Felix Gaillinger, MA BA BA

Das alltägliche Sitzen und die Dringlichkeit einer je nach Perspektive angemessenen Gestaltung städtischen Sitzmobiliars sind in Wien derzeit Gegenstand hitziger Diskussionen: Sowohl Ausstellungen im Wien Museum, am Praterstern oder im digitalen Raum als auch zivilgesellschaftliche Initiativen kritisieren nicht nur ein Zu-Wenig an Sitzgelegenheiten, sondern auch deren unbequeme und ausschließende Haptik. Sie greifen dabei u.a. auf den prominent gewordenen Hostile Design-Diskurs zurück und machen ein festgestelltes Defizit zum normativen Ausgangspunkt ihres Engagements.

Dem Dissertationsvorhaben möchte es gelingen, ein Modell der Alltagskulturanalyse entlang des Gegenstands und der Praxis des Sitzens zu elaborieren, das sich im Zuge einer ethnographischen Spurensuche und historisch genauen Verortung in Wien schärft. Dadurch konturiert es das Sitzen auf öffentlichen Architektur-Dingen, nämlich dem Sitzmobiliar, als Moment im urbanen Alltag und fordert prominente und eher abstrakt gehaltene Überlegungen zur Sozial- und Raumproduktion gesellschaftsanalytisch und empirisch gesättigt heraus. Dies bietet die Möglichkeit, Narrative wie den mutmaßlich feindlichen Charakter städtearchitektonischer Gestaltung systematisch zu hinterfragen, ihn zu dezentrieren bzw. in konkreten Situationen zu verorten, und dadurch eine breitere Betrachtung urbaner Alltagsphänomene auch jenseits des Hostile Design-Diskurses zu ermöglichen.

Konkret geht es Gaillinger um eine gemeinsame Betrachtung der Materialität urbaner Infrastrukturen und ihres erfahrbaren Handlungsaufforderungspotenzials in einer spezifischen Konfiguration von Öffentlichkeit, die alltäglich belebt wird. Er fragt, wie sich die Materialität urbaner Infrastrukturierung des Sitzens und ihre Nutzung gegenseitig bedingen und welche Formen städtischer Sozialität und Raumproduktion dabei alltäglich hervorgebracht werden. Damit schlägt er einen Mittelweg ein, der sich im Dazwischen einer allzu deterministischen Perspektive und der Behauptung einer losen Raumpraxis verortet.


e-Mail: felix.gaillinger@univie.ac.at 
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