Dissertationen

Müll in der mittelalterlichen Siedlung Diepensee

Greta Civis M.A.

Die Kontextgebundenheit und Veränderlichkeit der Kategorie Müll wurde und wird immer wieder thematisiert.[1] In den letzten Jahrzehnten haben eine Reihe von Arbeiten[2] Müll bzw. Schmutz in seiner kulturellen und sozialen Rolle analysiert. Hier ist bereits wertvolle Grundlagenarbeit für theoretische Überlegungen zu Müll geleistet worden. Eine Anpassung an archäologische Forschungen erfolgt in meiner Arbeit. Dies wäre unter anderem ein Beitrag zur Taphonomie (der Lehre der Vergehensprozesse), welche einen der theoretischen Stützpfeiler archäologischer Forschung bildet.[3] Zur Anwendung auf zukünftige Fund- und Befunddeutungen und deren Diskussion soll eine quantitative Methodik entwickelt und erprobt werden. Zur Untersuchung ist die mittelalterliche Siedlung Diepensee (13./14. Jh.) südlich von Berlin (Deutschland) bestens geeignet. Die Siedlung wurde komplett ergraben und kann so einen Einblick in das gesamte mittelalterliche Dorf geben. Momentan ist ein Teil der Aufarbeitung Diepensees in ein DFG-Projektes eingebettet. Konkret sollen die Fragen: Wie wurde in den Siedlungen Müll verstanden? Was lässt sich archäologisch aus dem Umgang mit Müll ablesen? behandelt werden. Aus einer spezifischen Müllbehandlung ergeben sich Informationen über das Raum- und Materialverständnis der betreffenden Gesellschaften. Auch über das mittelalterliche Verhältnis von Mensch und Umwelt lassen sich so Informationen gewinnen. Für das Siedlerdorf Diepensee ist außerdem besonders interessant, ob sich im Laufe der Besiedlung das Müllverhalten als Ausdruck der Umweltwahrnehmung und -aneignung änderte. Im Idealfall lassen sich auch weitergehende Aussagen über Mentalität, Kosmologie und gesellschaftliche Strukturen einer mittelalterlichen Dorfpopulation treffen. Um verschiedene Horizonte der Siedlung voneinander trennen zu können, wird zunächst die Keramik auf ihre zeitliche Einordnung hin bearbeitet werden. Da die Keramik in Diepensee, wie in jeder Siedlungsgrabung, den mit Abstand größten Teil des Fundguts ausmacht, stellt sie auch den größten Teil der Abfälle. Die Funde werden hinsichtlich ihrer Position, Größe, Fragmentierung und Zersetzungsspuren gesichtet, ausgewertet und interpretiert.

[1] Mit Fokus auf ethnographische Beispiele: Douglas, Mary (1985): Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu. Berlin: Reimer. Mit Fokus auf moderne Industriestaaten: Thompson, Michael (2003): MüllTheorie. Über die Schaffung und Vernichtung von Werten. Neu hrsg. von M. Fehr. Essen: Klartext-Verl. Windmüller, Sonja (2004): Die Kehrseite der Dinge. Müll, Abfall, Wegwerfen als kulturwissenschaftliches Problem. Münster: Lit (Europäische Ethnologie / Europäische Ethnologie, 2).

[2] u.a.: Bardmann, Theodor M. (1994): Wenn aus Arbeit Abfall wird. Aufbau und Abbau organisatorischer Realitäten. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Faßler, Manfred (1991): Abfall, Moderne, Gegenwart. Beiträge zum evolutionären Eigenrecht der Gegenwart. Giessen: Focus-Verl. Silberzahn-Jandt, Gudrun (1999): Frauen, Müll und Geld. Zum Zusammenhang von haushälterischem Handeln und Müllkultur. In: Hofmann, Michael; Maase, Kaspar; Warneken, Bernd Jürgen (Hg.): Ökostile. Zur kulturellen Vielfalt umweltbezogenen Handelns. Marburg. Keller, Reiner (1998): Müll. Die gesellschaftliche Konstruktion des Wertvollen ; die öffentliche Diskussion über Abfall in Deutschland und Frankreich. Opladen , Wiesbaden: Westdt. Verl.

[3] Schiffer, Michael B. (1987): Formation processes of the archaeological record. Albuquerque: Univ. of New Mexiko Pr

e-Mail: Greta.Civis@gmail.com