Die Mobilität von Gesellen wurde in der klassischen Handwerksgeschichte als Teil des zünftigen Lebenszyklus (Lehrling-Geselle-Meister) erachtet, welche sich an tradierten Normen und Sitten der Zunft orientierte. Die Analyse von Handwerksmigration wurde vornehmlich auf der strukturellen, macro-historischen Ebene durchgeführt, weshalb Gesellen in die traditionelle Vorstellungswelt der Zunft eingeordnet, insbesondere jedoch untergeordnet wurden. Neuere Publikation stellen mehr und mehr die Individualität der Gesellen in den Vordergrund und machen dabei auf die Differenzen zwischen beiden sozialen Gruppen aufmerksam. Meine Forschung schließt sich der mikro-historischen Perspektive an, indem sie die „circulation of movement / network circulation“ der Gesellen bezüglich der generationsübergreifenden Wanderrouten und der damit verbundenen individuellen Entscheidungsprozessen untersucht.
Auf methodischer Ebene werden zwei Zugänge verfolgt: Einerseits einen Vergleich zwischen den Städten Breslau und Krakau, welche als Ausgangspunkt von Gesellenwanderung für die vorliegende Untersuchung dienen sollen, andererseits die historische Netzwerkanalyse. Der Vergleich beider Städte basiert auf einem implizierten Vergleichsdesign, welches sich aus vier Punkten zusammensetzt (Bevölkerungszahl, Anzahl der Zünfte, wirtschaftliche Bedeutung der Städte und deren gemeinsame Geschichte). Die Perspektive des Vergleichs richtet sich auf die Gesellenmobilität und den Austausch innerhalb des zirkulären Systems einer konstanten Mobilität von Handwerkern. Mit Hilfe der historischen Netzwerkanalyse soll der Austausch von Informationen zwischen Akteuren (Einzelpersonen / Institutionen) analysiert werden. Es wird davon ausgegangen, dass das mobile Handwerk auf zwei Netzwerke zurückgreifen konnte: Einerseits die organisatorischen – nicht persönlichen Netzwerke der Zunft , andererseits die persönlichen Netzwerke der Gesellen. Die Analyse vollzieht sich in einem Dreischritt: 1) Analyse der geographische Mobilität, 2) Analyse der (überregionalen) Kommunikation zwischen Zünften und Gesellen sowie 3) die qualitative Analyse von Einzelbeispielen der Walz.
Das in der hier skizzierten Arbeit zu untersuchende Datenmaterial besteht aus einem Korpus von internen und externen Zunftquellen. Zu den internen Quellen zählen Einschreibe- und Ausschreibebücher der Gesellen, Rechnungsbücher, Gesellenrollen, Geburts- und Lehrbriefe, Kundschaften etc.; externe Quellen umfassen Ratsprotokolle, Korrespondenzen sowie, Steuer- und Zechebücher. Weiterhin gehört die Untersuchung von Bevölkerungsregistern und Volkszählungen (Massenquellen), sowie Egodokumente (Handwerkerbiographien) dazu.
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