Dissertations

Versklavte für Haus und Hof. Drei Milieustudien zum mittel- und oberitali-enischen Raum (1350–1550)

Corinna Peres, MA

Was verbindet die ungleichen Haushalte des Kaufleute-Ehepaars Francesco di Marco und Margherita Datini in Prato (14./15. Jh.), der Patrizierin Alessandra Strozzi in Flo-renz (15. Jh.) sowie der Markgräfin Isabella d’Este in Mantua (15./16. Jh.) miteinander? Die Antwort: Der Besitz und Einsatz von versklavten Menschen jeglichen Alters und variierender ethnischer Herkunft. Von dieser Feststellung ausgehend lassen sich zwei Fragepakete ableiten, die sich 1.) differenziert aus einer synchronen und 2.) vergleichend aus einer diachronen Perspektive der Sklaverei-Thematik annähern. Kernfragen sind: 1.) Wie war Sklaverei in den unterschiedlichen sozialen Milieus organisiert? War der Besitz und Einsatz von Versklavten ausschließlich ein milieuspezifisches oder gar ein gesellschaftlich ubiquitäres Phänomen? 2.) Inwiefern hängen transepochale Veränderungen von Sklaverei im Mittelmeerraum mit situativen Konfigurationen von Haus- und Hofsklaverei in Prato, Florenz und Mantua zusammen?

Übergeordnetes Ziel des Dissertationsprojekts ist es, auf Grundlage der drei Milieustudien Datini, Strozzi, Este/Gonzaga herauszufinden, wie sich Sklaverei als omnipräsen-tes, historisch wandelbares Phänomen konkret in Häusern und an Höfen manifestierte und wie sie dabei als Arbeitsmodell von verschiedenen Akteur*innen rezipiert und getragen wurde. In methodischer Hinsicht wird der Ansatz der Historischen Semantik verfolgt, denn nur durch eine zusammenhängende historisch-semantische Analyse von in den Quellen benutzten Verben, Nomen und Attributen können Logiken und Praktiken von Sklaverei aufgedeckt werden, die sich hinter dem modernen Etikett ‚Haus- und Hofsklave‘ verbergen mögen.

Als Quellenbasis dienen Briefsammlungen der drei Besitzerfamilien der Sklav*innen, die als Mikro-Korpora Einblicke in die jeweilige Organisation von Sklaverei ermöglichen. Dabei soll das Korrespondenznetzwerk, das die Eheleute Francesco und Margherita Datini, Alessandra Strozzi und Isabella d’Este mit ihnen sozial über- und unterge-ordneten Gruppen unterhielten, als Ausgangspunkt fungieren, um den lokalen Kreis von Sklavenbesitzer*innen und -vermittler*innen bestimmen und Sklavenbesitz gesellschaftlich verorten zu können. Mit dem Projekt sollen schließlich drei ‚Brücken‘ geschlagen werden, um in der Regel getrennte Forschungsansätze zusammenzubringen. Das betrifft die Disziplinen (Geschichte der Arbeit – Sklavereiforschung), Forschungs-communities (Hausforschung – Hofforschung) und die Epochen (mediävistische – frühneuzeitliche Sklavereiforschung im Mittelmeerraum).

e-Mail: corinna.peres@univie.ac.at 
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Betreuerin: Juliane Schiel